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Müller und Selbstversorger

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Müller und Selbstversorger

"Es ist wichtig, dass wir uns darüber klar werden, dass wir nicht nicht in einer Umwelt leben, sondern Teil einer Mitwelt sind"

Interview mit Ignaz und Julia Freisl, Habach

 

„Eigentlich wollen wir ein vertretbares Leben leben“, sagt Julia mit einem Blick auf ihre kleine Tochter Anna, die auf ihrem Schoß sitzt und von den Walnüssen nascht. Die sind im eigenen Garten gewachsen und eigenhändig geknackt. „…und dafür sorgen, dass wir unseren Kindern etwas weiterzugeben haben, womit sie ein gutes Leben führen können.“

 

Wir sind Teil einer Mitwelt

 

Julia und Ignaz versorgen sich selbst mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, denn es ist ihnen wichtig, in ihrer direkten Umgebung fest verwurzelt zu sein und ihr Leben den Jahreszeiten und der Natur anzupassen. Es macht sie glücklich, mit den eigenen Händen in der Erde zu arbeiten, die Vielfalt zu sehen und zu schmecken, zu wissen, dass die eigenen Karotten nicht mehr als 100m zurück gelegt haben vom Garten auf den Tisch. Ihr Garten bietet noch mehr Platz: für Heilkräuter zum Beispiel, denn sie bieten Lebensraum für Mitlebewesen wie Insekten und stellen eine Verbindung her auch zu dem, was uns umgibt, ohne für das menschliche Auge sofort sichtbar zu sein.

 

Kinder, die sich im Garten wertfrei erleben können, hat Julia schon als Lehrerin mit einem Schulgartenprojekt betreut und stellt fest: “Im Garten muss ein Kind nicht gelobt oder getadelt werden für seine Arbeit, denn das Ergebnis des eigenen Handelns ist für jeden sichtbar. Das hilft dabei, sich selbst einschätzen zu lernen und Verantwortung zu entwickeln.“

 

Und es geht doch!

 

Ignaz hört ganz oft, dass es nicht möglich sei, sich neben der Erwerbsarbeit selbst zu versorgen, und will zeigen, dass das nicht stimmt: er führt einen Familienbetrieb, die Jaudenmühle bei Habach, und versorgt gemeinsam mit seiner Frau Julia die ganze Familie und noch ein paar mehr mit selbst angebautem Gemüse.

 

Die Mühle feiert dieses Jahr ihr tausendjähriges Bestehen und stellt biologische Futtermittel sowie Müsli her.

„Es wichtig, im traditionellen Mühlendorf Habach hier in der Region weiterhin dafür zu sorgen, dass regional Angebautes auch hier verarbeitet werden kann, um Transportwege kurz zu halten und Energie zu sparen.“

 

Für ihn auch ein wesentliches Kriterium bei der Pflege seines naturnahen Mischwalds- dort werden keine schweren Maschinen eingesetzt, um den Boden nicht zu verdichten und das Holz wird mit der Motorsäge zerlegt, denn:“ dafür ist ein Bruchteil an Benzin nötig“.

 

Er ist froh, hier im Alpenvorland zu leben, denn:“ hier haben die Menschen noch einen Bezug zum Boden, es gibt viele bäuerliche Betriebe und die 60-70% Wald, die hier die Erde bedecken, sorgen für ausreichend Regen und der Boden kann seine Funktionen noch erfüllen: z.B. das Vermögen, Wasser zurückzuhalten und zu reinigen. Sich von industrieller Landwirtschaft abhängig zu machen, führt zum Verlust von Souveränität und gefährdet die politische Stabilität“.

 

Dass solches Denken zur Zeit nicht besonders viel Geld einbringt, ist für ihn eine Herausforderung, nach neuen Wegen zu suchen: zum Beispiel setzen die beiden sich dafür ein, dass in der Region eine Solidarische Landwirtschaft entstehen soll und man denkt auch über die Möglichkeit einer Solidarischen Forstwirtschaft nach. Dort unterstützen alle Mitglieder mit regelmäßigen Zahlungen den betreffenden Landwirt oder Förster, der Erzeuger muss nicht mehr allein das Risiko bis zur Ernte tragen und die schwankenden und durch Subventionen beeinflussten Preise puffern.

 

Dann sind politische Vorschriften auch nicht das einzige Gesetz, sondern jede/r Einzelne kann Verantwortung übernehmen und selbst entscheiden, wen er unterstützen möchte. In einer Zeit, in der Großkonzerne die Politik bestimmen, macht das einen großen Unterschied.

 

Auch der Humusaufbau liegt ihm am Herzen- ein großes Thema in dieser Zeit, da er die Möglichkeit bietet, große Mengen Kohlenstoff schnell wieder in den Boden einzubauen und außerdem ohne künstliche Düngung (deren Herstellung für einen immensen Anteil des primären Energieverbrauchs verantwortlich ist) den Ertrag um ein Vielfaches zu steigern.

 

Unser Wissen weitergeben macht uns glücklich...

 

Ignaz und Julia arbeiten seit vielen Jahren begeistert mit Terra Preta und freuen sich darüber, sein Wissen und seine Erfahrungen inzwischen bei vielen Gelegenheiten weitergeben zu können.

 

„ Das macht mich glücklich, stärkt meine Visionen und gibt mir Hoffnung für die Zukunft“, sagt er und“ wenn man solches Wissen sammelt und teilt, bekommt man ein Vielfaches zurück. Nebenbei stößt man auf viele interessante Menschen, die auf dem selben Weg sind - zum Beispiel bei der Transition Ammer-Loisach...“

 

Ich danke Ignaz und Julia Freisl für das inspirierende Gespräch und die feinen Walnüsse,- und ich freue mich sehr darüber, dass Ignaz sich entschlossen hat, der ÖDP beizutreten (der einzigen Partei in Deutschland übrigens, bei der es untersagt ist, Konzernspenden anzunehmen) und so seinen Ideen mehr gut vorbereiteten Boden zum Wachsen zur Verfügung zu stellen…

 

Alexandra Pottiez, Innerer Wandel

 


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